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27 Prinzip Dampfmaschine



Als Bub hatte ich eine Dampfmaschine. Wenn man sie anfeuerte, geschah länger nicht viel. Mal fiel irgendwo ein Tropfen. Dann begann es zu kochen. Ein erstes Zischen war zu hören. Wenn man im richtigen Moment das Schwungrad anschob, dann setzte sich die Maschine etwas früher in Bewegung, als wenn sie die Trägheit der Schwungmasse selbst hätte überwinden müssen. Das wurde sogar empfohlen, um die Mechanik zu schonen.

Der Mensch ist wie eine Dampfmaschine. So scheint es mir jedenfalls bei meinem Abgang vom Fernsehen. Seit mehreren Jahren war ich dort schon fehl am Platz. Denn man sollte nichts tun, was einen nicht interessiert. Jedenfalls nicht längere Zeit. Das ist kein Vorwurf an niemanden. Nicht einmal an mich selbst. Denn offenbar brauchte es erst einen Überdruck, bis ich mich in Bewegung setzen musste.

Man kann mit einer Dampfmaschine auch so spielen, dass man das Schwungrad festhält. Dann stösst das Überdruckventil plötzlich einen Dampfstoss aus, damit der Kessel nicht platzt.

Mitarbeiter so einsetzen, dass ihre besonderen Fähigkeiten nicht gefragt sind, ist so etwas wie ihr Schwungrad blockieren. Dann öffnet sich irgendwann das Überdruckventil – als Unfall oder Krankheit. Aber man kann den Bogen auch so überspannen, dass man damit – wenn auch ungewollt – dem Schwungrad einen plötzlichen Stoss versetzt. Befreit setzt es sich in Bewegung.

Wenn die Dampfmaschine in Schwung ist, lässt sich damit alles Mögliche antreiben. Sie hat auch eine Pfeife, durch die der Dampf warnend oder frohlockend hinauspfeift. Ob all dieser Betriebsamkeit darf man aber nie vergessen, immer mal wieder einen Blick auf den Wasserstands-Anzeiger zu werfen. Sonst ist die ganze Herrlichkeit plötzlich abrupt und endgültig - zu Ende.

Der Mensch ist keine Dampfmaschine. Er verfügt nur über eine Wasserladung.


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