top of page

129 Magical and memorable


soll der Besuch in Machu Picchu sein, wünscht der freundliche Lautsprechermann, wenn der Zug in Aguas Calientes ankommt, das sich jetzt Machu Picchu Pueblo nennt. Eindrücklich ist zunächst die Menschenmenge, die hier bewältigt wird. (2500 pro Tag werden hineingelassen.) Und zwar mit einer perfekten Organisation, die Peru zur Schweiz Südamerikas machen würde. Wenn es nämlich in jedem Bereich so wäre. Was ich mir als Schweizer aber eigentlich gar nicht wünsche. (Was er hat, das will er nicht.)


Die Berglandschaft ist imposant und kann problemlos mit der Schweiz konkurrieren. Gerade weil sie so anders ist. (Nimmt jeder Ausländer die Heimat als Massstab derart überall hin mit?) In Machu Picchu angekommen, ist die Menschenflut antimagisch. Fast überall steht jemand im Weg, drängt von hinten, stört eine An- oder Aussicht oder versperrt "endlos" einen Zugang, während man sich fragt, was denn dort so interessant sein kann. Erst mit der Zeit streut sich das Ameisenvolk so, dass man für kurze Zeit an einer Stelle allein ist.


Trotz allem beginnt die Kraft der Steine immer stärker zu wirken. Mir scheint, es ist eine ursprüngliche künstlerische Kraft. Es ist die unmittelbare Schönheit der an vielen Stellen so gefügten Mauern, dass sich eine Art Zusammenklang einstellt. Was nichts mit äusserlicher Perfektion zu tun hat. Die Mauer des Sonnentempels, in die die Inkas am meisten Arbeit investiert haben, um sie so ebenmässig wie möglich zu machen, könnte eine Mauer von heute sein und wirkt gewöhnlich. Ihr fehlt gerade die Spannung zwischen Regelmässigkeit und Unregelmässigkeit, welche die urtümliche Kraft der eindrücklichsten Mauer-Kompositionen ausmacht. Auch im weniger sorgfältig gebauten Stadtteil für die einfachen Leute gibt es atemraubende Steintänze.


Während früher mehr die rätselhaften Aspekte von Machu Picchu herausgestellt wurden und eine ganz besondere religiöse Funktion vermutet wurde, stellt die Reiseleiterin Magaly Machu Picchu als ganz normale Inkastadt dar. Wie es bei uns in praktisch jedem Dorf eine Kirche gibt, gibt es in Machu Picchu einen Sonnentempel, einen Opferplatz, einen Kompass aus Stein und einen Kalenderort. Und es gibt weitere Orte wie Machu Picchu, solche die entdeckt und wohl andere, die noch nicht entdeckt wurden. Doch nur Machu Picchu ist so direkt mit Zug und Bus erreichbar. Alle anderen verlangen eine mehrtägige Wanderung durch den gebirgigen Urwald. Dass Machu Picchu nicht fertig gebaut und schliesslich von den Inkas verlassen wurde, erklärt Magaly damit, dass die Inkas glaubten, nach der Einnahme von Ollentaytambo würden die Spanier über kurz oder lang auch nach Machu Picchu gelangen. Doch ob wir nun die verbliebenen Spuren einer gewöhnlichen Inkastadt oder einer besonderen Inkastätte vor uns haben, macht keinen Unterschied. Wesentlich ist, welche Wirkung sie entfaltet.

Aguas Calientes, 29.04.14.


Empfohlene Einträge
Aktuelle Einträge
Archiv
Schlagwörter
Noch keine Tags.
Folgen Sie uns!
  • Facebook Basic Square
  • Twitter Basic Square
  • Google+ Basic Square
bottom of page