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Auf den Spuren der Seidenstrasse in USBEKISTAN - 1. Tag: Zürich - Taschkent


Mittwoch 19.04.17

249 Flughafenwelt

Ohne grossen Übergang wechseln wir aus der Welt des Zürcher Alltags in die Boarding-Welt des Flughafens mit seiner perfekt organisierten Abfertigung samt hochglanz-blitzendem Luxuswaren-Angebot. In die Gegenrichtung erinnere ich das ganz anders. In Peru, Kuba, Griechenland, Litauen - da ist die Rückkehr aus dem Alltag, dem touristischen Alltag, in die Flughafenwelt ein Wechsel des Lebensgefühls, selbst wenn die Flughäfen dort nicht entfernt an Zurich Airport heranreichen. Aber sie sind Aushängeschilder des westlich-wohlhabenden Lebensstils. Und haben nichts mit dem wirklichen Leben dort zu tun. Sie sind vielleicht unsere einzige Möglichkeit, sich an das Gefühl anzunähern, das Emigranten aus solchen Ländern in unserem Alltag empfinden. Es ist die Konfrontation mit einer schwer wohlhabenden Gesellschaft voller glänzender Effizienz, Ordnung und Sauberkeit, betongestählt kalt durchorganisiert, ohne lebenswerte Nischen für "Minderbemittelte".

250 Moduswechsel

Natürlich sind die frühen Einfindungszeiten am Flughafen rein organisatorisch bedingt. Doch sie geben die Chance, die Reise aus einem Ruhepunkt zu beginnen, aus dem Sollen/Wollen-Modus zu wechseln in den Dürfen-Modus: beobachten, erleben, abwarten, auf sich zukommen lassen.

251 Warten auf das Boarding nach Istanbul

Zwei Frauen (Mutter & Tochter?) die Junge im schwarzen Kleid, das nur das schöne Gesicht frei lässt, die Ältere westlich gekleidet, die mit dem kleinen Sohn der Jungen spielen: Der Bub strahlt und rennt zwischen beiden her und hin, die Grossmutter ? öffnet und schliesst pantomimisch ihre Arme und strahlt ihn begeistert liebevoll an, die Mutter hebt ihn hoch und herzt ihn zärtlich. Dabei öffnet sich ihr Überwurf und gibt den warmen Lammwolle-Pullover frei. Unten sind ihre aktuellen Turnschuhe sichtbar. Ein dreifaches Bild der Liebe und des Glücks. So unbeschwert in sich selbst ruhend sah ich das bei uns noch nie. Ob wohl klare gesellschaftliche Vorgaben auch einen sichernden Rahmen geben für die eigene Entfaltung innerhalb dieses Rahmens? Wobei zwei Frauen mit dem kleinen Sohn unterwegs von Zürich nach Istanbul den üblichen Rahmen auch erfolgreich-wohlhabender Prägung allerdings deutlich überschreiten dürften. Oder nicht?

252 Flughafen Istanbul

Strukturell ähnlich wie Zurich: Quick Asia, indian express, Caffè Nero, Burger King, Fresh Italian Cooking, TurCuisine - alle nebeneinander. Aber ganz anderes Publikum und Lebensgefühl. Elegante Kopftuch-Frauen neben internationaler Durchschnittskleidung. Schwer zu beschreiben. Wenn alles auffallen kann, weil unbekannt - was fällt dann Einzelnes auf und lässt denken? Auch ein gleichtöniger Sprachlärm lullt die Aufmerksamkeit ein. Miteinander sprechen macht Mühe.

Die vierköpfige Familie: zwei Mädchen mit dichten schwarzen zum Rossschwanz gebundenen Haaren, die ältere pumelig, der Vater bärenhaft sympathisch, alle "normal" gekleidet. Die zierliche Mutter in der Burka, die nur die dunkeln Augen offen lässt. Man ahnt eine Schönheit, wenn sie zum Essen diskret verschämt das Tüchlein anhebt, das Nase und Mund verdeckt und die Wirkung verstärkt. Werden das ihre Töchter auch tun, wenn sie grösser sind? Die ältere hat bereits ein Cape an und zieht plötzlich die Kapuze hoch, welche die Haarpracht bedeckt. Als sie alle weggehen, ist die Kapuze wieder unten.


Seidenstrasse (aus dem Reiseführer)

Für die Hin- und Rückreise auf der Seidenstrasse benötigte man sechs bis acht Jahre. (Flugzeit Istanbul – Taschkent heute 4 Stunden) Befestigte Strassen gab es nur auf chinesischem und römischem Boden. Es war eine mörderische Reise. Häufig waren um die hundert menschliche Begleiter und mehrere hundert Lasttiere - Kamele, Ochsen und Pferde - in einer Karawane. Mit 150 Kilogramm konnte ein Kamel für einen 12-tägigen Marsch beladen werden.

Anfänge dieses interkontinentalen Fernhandels im späten 6. Jahrhundert vor Christus auf einer nördlichen Route. Nach 221 v.Chr. entstand die klassische südliche Seidenstrasse von Changan in Zentralchina über die Gipfel des Pamir nach Samarkand, Buchara, Bagdad bis nach Palmyra in Syrien. In der Zeit des Hellenismus erleichterte ein einheitliches Münzsystem von Sizilien bis Fergana in Ost-Usbekistan den Handel. Das Goldene Zeitalter der Seidenstrasse begann in der Römischen Kaiserzeit. Um 270 konnte sich Kaiser Aurelian kein Seidenkleid für seine Frau leisten, denn für ein Pfund purpurgefärbter Seide musste man soviel bezahlen, wie 6000 Landarbeiter an einem Tag verdienten. Der Weg war fast ein Viertel des ganzen Erdumfangs lang und durchquerte bis zu 36 Herrschaftsgebiete. Zölle bis 25% waren keine Seltenheit.

Im Jahr 420 schmuggelte eine chinesische Prinzessin bei ihrer Hochzeit Eier der Seidenraupe aus dem Reich der Mitte heraus. Damit war das chinesische Seidenmonopol beendet - aber nicht die Seidenstrasse. Die Nachfrage nach Parfums, Perlen, Keramik, Metallen, Weihrauch und Gewürzen war weiterhin enorm.

Peltz 60-62

253 Erscheinung

Beim nächtlichen Anflug auf Taschkent erscheint ein zauberisches Licht-Ornament aus Tausendundeine Nacht. Und entpuppt sich je näher man kommt als die Strassenbeleuchtung der ausgedehnten Stadt.

254 Empfang

Nicht zu finden ist ein Fahrer, der uns am Flughafen abholen sollte. Viele Taxifahrer bieten eifrig ihre Dienste an. Der cleverste schlägt vor, im Hotel anzurufen. Er werde vom Hotel bezahlt, wenn der Transfer bereits bezahlt sei. So machen wir es. Der Fahrer ist ein anderer, er fährt mit. Sehr geschäftstüchtig nutzt er die Fahrt, um Geld zu Schwarzmarktpreisen zu wechseln. Ich wechsle 100 Euro. Er möchte mir mehr wechseln. Später erst merke ich, dass die Landeswährung nur beschränkt nötig ist. Trinkgelder sind in Dollar oder Euro viel willkommener. (Damit sie einem nicht zwischen den Fingern zerrinnen, erklärt Georgiy.) Bei der Abreise verlangt das Hotel die Taxispesen. Er hat uns also zum Besten gehalten. Mir war aufgefallen, dass er sich unheimlich schnell abwandte und ins Taxi verschwand, als ich ihm für seine Dienste 5 Euro in die Hand drückte. Wie wenn er sich aus dem Staub machen wollte. Ein geschäftstüchtiges Schlitzohr. Er war mir nicht unsympathisch - Margrit aber wusste es von Anfang an. Wir weigern uns, die Taxispesen zu bezahlen. Der Hotel-Rezeptionist fragt irgendwo nach und akzeptiert dann stillschweigend. Der Fahrer (Juriy) war dort gewesen - mit einem Schild Go Russia. Das sagte mir nichts. Im Reiseprogramm finde ich schliesslich ganz am Schluss Ihr Kontakt vor Ort: GR Travel Group - Go Russia, Boundary House Business Center Boston Road, GB-W7 2QE London.


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