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Auf den Spuren der Seidenstrasse in USBEKISTAN - 7. Tag: nach Samarkand


Dienstag, 25.04.17

275 Usbekischer Humor

Bei der Ankunft am Bahnhof in Samarkand warten die üblichen eifrigen Taxifahrer und preisen sich als billigstes Taxi an. Als ich ablehne, weil wir abgeholt werden, erklärt sich einer als Alternative: Er sei das teuerste Taxi von ganz Samarkand.

Hier scheint jede Verbissenheit zu fehlen. Man macht und lässt leben. Ein gutes Rezept.

276 Der vierte Glücksfall

Unser Reiseleiter Diyor empfängt uns mit dem Fahrer am Bahnhof und begleitet uns ins Hotel, obwohl er heute nichts weiter zu zeigen hat. Er ist in Samarkand geboren und aufgewachsen, hat eine Schule mit deutschen Lehrern besucht und dann Germanistik studiert. Heute arbeitet er als Reiseleiter und Reiseorganisator bei einem Reisebüro. Oft hat er ein spitzbübisches Lächeln auf dem Gesicht. Seine Kenntnisse sind fundiert und er baut seine Führungen gekonnt auf. Auch er ein Glücksfall - und ein ganz besonderer, wie sich später weisen wird.


277 Tradition der Erfahrung

Usbekistan erscheint dem Touristen als auffallend sauberes und wohlorganisiertes Land. Wie wenn sich aus der Zeit der Karawanen die Erfahrung erhalten hätte, dass nur ein zweites Mal kommt, wer gut beherbergt wurde. Also ob sich eine solche Erfahrung so lange erhalten könnte...

Diyor bestätigt, dass regelmässiges Aufräumen und Wischen üblich ist. Wenn es im Sommer bis 55 Grad heiss wird und alles austrocknet, wirbelt auch ein schwacher Wind allen Staub auf - besser es hat so wenig wie möglich.

278 Grenzen öffnen

Viele Schüler und Schülerinnen begrüssen uns im Vorbeigehen mit Good morning oder sogar Good afternoon. Ich antworte immer. Dann freuen sie sich, dass ihre Sprachkenntnisse ihnen den ersten Kontakt mit einer fremden Welt ermöglichen.

Und ich erinnere mich, als ich mit meinem Vater auf einer Bodensee-Fähre unterwegs war. Ein Engländer suchte das Gespräch mit uns. Mein Vater sprach nicht Englisch. Also antwortete ich und konnte erstmals mein Schul-Englisch "im Leben" brauchen. Dass der Engländer sogar meine Aussprache lobte, habe ich 50 Jahre lang nicht vergessen...

279 Späte Nachfahren

Mehrmals wollten sich schon Schüler, Studenten, aber auch einmal eine Gruppe Frauen mit uns fotografieren. Wir sind für sie so exotisch wie sie für uns. Das Foto mit uns belegt, dass sie mit einer fernen Welt zumindest punktuell in Kontakt gekommen sind. Solange eine Reise zu uns für sie kaum in Frage kommt. Wir sind hier die Nachfahren der englischen Touristen, die anfangs 19. Jahrhundert die Schweiz bereisten. Allerdings bereits in grösserer Zahl. Und die Entwicklung wird viel schneller ablaufen.

280 Vom Germanistik-Professor zum Verkäufer

Diyor führt uns zum Musik-Instrumenten Verkäufer, von dem wir schon von Georgiy gehört haben, dass er viele Instrumente spielen und auf Deutsch kommentieren könne. Ich kaufe die zwei CDs mit traditioneller Solo- und Ensemble- Musik. Am gleichen Ort gleich daneben hat der ehemalige Germanistik-Professor Eschpulatow seinen Laden. Nach der Pensionierung hat er begonnen, ausgewählte Literatur von Usbekistan auf Deutsch zu übersetzen und selber herauszugeben. Seine kleinen Büchlein und einzelne von Freunden, die er in seinem "Ich-Verlag" veröffentlicht hat, verkauft er jetzt hier zusammen mit Ansichtskarten und anderen ausgewählten Dingen. Diyor meint, er mache damit, was ihn interessiere, und verdiene zugleich etwas zur Rente hinzu. Er macht es also ganz ähnlich wie ich, und ich beglückwünsche ihn zu seiner Idee. Sein Händedruck überrascht: fast schlaff. Und er bleibt sehr distanziert. Schon viele hat er gesehen und wird sie nie wieder sehen. Nachdem ich in zwei Gedicht- und Spruchbüchlein von ihm gelesen habe, schreibe ich ihm ein Mail. Mal sehen, ob er antwortet...


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